Jugendliche zwischen Vergangenheit und Verantwortung für die Gegenwart:Rückblick auf die Bildungsfahrt nach Polen

Acht Tage, vier Städte, 2.685 Kilometer in Boni-Bussen – und unzählige Eindrücke, Begegnungen und Gespräche:
Die diesjährige Bildungsfahrt in Kooperation der Fachstelle Jugend im Visitationsbezirk Koblenz und dem Pastoralen Raum Idar-Oberstein führte eine Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener nach Dresden, Auschwitz, Krakau und Görlitz.
Den Auftakt bildeten zwei Tage in Dresden. Neben dem Ankommen in der neuen Umgebung stand vor allem das Kennenlernen der Gruppe im Mittelpunkt. Erste thematische Akzente setzten Spaziergänge „auf jüdischen Spuren“ durch die Stadt, darunter der Besuch des jüdischen Friedhofs, der die Teilnehmenden mit der reichen, aber auch verletzlichen Geschichte jüdischen Lebens vertraut machte. Gleichzeitig blieb Zeit für persönliche Entdeckungen – ob Frauenkirche, Gemäldegalerie „Alte Meister“ oder Botanischer Garten.
Von dort aus ging es weiter nach Oświęcim (Auschwitz), wo die Gruppe im Zentrum für Dialog und Gebet ihre Zimmer für die nächsten Tage bezog.
Ein erster thematischer Zugang war die sogenannte „Alte Judenrampe“, an der in der längsten Zeit der Lagergeschichte die Züge mit Deportierten ankamen. Der Abend endete mit einer gemeinsamen Filmvorführung von „Schindlers Liste“ – ein eindrücklicher Einstieg in die kommenden Programmpunkte.
Am nächsten Tag ging es mit dem Zug nach Krakau. Hier stand die jüdische Geschichte der Stadt im Mittelpunkt: Die Gruppe besuchte die Remuh-Synagoge, das jüdische Viertel Kazimierz und das ehemalige Ghetto. Eine kleine Gruppe vertiefte das Thema mit einem Besuch des ehemaligen KZ Plaszow, während andere die Wawel-Burg und die Altstadt erkundeten.
Auch in dieser Phase blieb Raum für Gemeinschaft und Leichtigkeit: Lachen, Spielen und gemeinsame Zeit gehörten ebenso zur Fahrt wie die schweren und nachdenklichen Momente.
Die folgenden beiden Tage galten dem eindrücklichsten Teil der Reise: den Besuchen von Konzentrationslager Auschwitz I und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. In dreistündigen Führungen wurden die Schrecken des Nationalsozialismus greifbar. Ein begleitender Workshop zum Thema „Täter in Auschwitz“ stellte die Frage: Wie wird ein Mensch zum Täter – und was bedeutet Verantwortung damals und heute?
In der Gruppe wurde geredet, geschwiegen, gelesen und kreativ verarbeitet. Am Ende stand ein gemeinsames Fazit:
Auschwitz ist mehr als ein historischer Ort. Auschwitz ruft in die Verantwortung für unsere Gegenwart.
Die Rückreise führte die Gruppe nach Görlitz, an die deutsch-polnische Grenze. Auf der Brücke der Freundschaft über die Neiße fand die Fahrt einen besonderen und emotionalen Abschluss.
Eine ganze Woche lang hatte die grauenvollen Geschichte des Nationalsozialismus im Mittelpunkt gestanden. 80 Jahre später konnten die Teilnehmenden frei zwischen zwei befreundeten Ländern hin- und herlaufen und sich sogar aussuchen, auf welcher Seite der Abend im Biergarten ausklingen sollte.
Für die Gruppe war der Besuch der Brücke aber auch ein persönlicher Moment. Alle haben sich Zeit genommen, sich in persönlichen Worten voneinander zu verabschieden, sich beieinander zu bedanken und - ganz im Sinne einer bekannten Definition von Freundschaft – einander in die Augen zu schauen und das Gute im anderen zu sehen.
Am Ende bleiben viele Gedanken, neue Freundschaften und ein starkes Gefühl von Verantwortung.
Ein besonderer Dank gilt dem Bildungswerk Heinz Hesdörffer e.V. und Kreuznach für Vielfalt, die diese prägende Fahrt möglich gemacht haben.
Lesetipp: Unser "Glaube to go" im August 2025 zur Frage nach Gotteserfahrungen in Auschwitz