- Artikel drucken Artikel drucken
- Fehler melden Fehler melden
Immer wieder mache wir als Seelsorgende die Erfahrung, dass nur noch ganz wenige Menschen etwas mit dem Sakrament der Versöhnung, der „Beichte“ anfangen können. Die Mehrheit der Christenmenschen ist sogar scheinbar der irrtümlichen Meinung, dass das zweite Vatikanische Konzil (Vatikanum II) dieses Sakrament abgeschafft habe. Wenn unmittelbar nach dem Konzil (Mitte der sechziger Jahre) und in Folge der Würzburger Synode (siebziger Jahre) Bußandachten, Bußgottesdienste und Bußfeiern „der Renner“ waren, hat die Zahl derer, die dieses Angebot annehmen, ebenfalls in den letzten Jahren stark abgenommen - mit Tendenz gegen NULL -. An diesem Faktum sind Priester nicht unbeteiligt, so haben geweihte Seelsorger in diesem Versöhnungsangebot mit Gott in der Vergangenheit oft Ihre Kompetenz überschritten und sind auch zum Teil „grenzwertig“ und „menschenverachtend“ mit dem / der die Schuld Bekennenden umgegangen. Für mich persönlich kann ich mir ein Leben ohne das Sakrament der Versöhnung nicht vorstellen. Es kostet mich immer auch Überwindung, „zu beichten“, erlebe aber auch das Befreiende und Frohmachende dieses Sakramentes. Ich möchte Ihnen dieses Versöhnungsangebot mit Gott noch einmal näherbringen, möchte das Schöne, Positive und Befreiende betonen.
Beichte ist # Mein Leben zur Sprache bringen
Die Vorbereitung auf die Beichte kann wie eine Entdeckungsreise sein. Sie bedarf einer kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen Lebensentwürfen. Nicht immer war der Weg, den ich eingeschlagen habe, der richtige. Jeder Mensch erfährt auf seinem Lebensweg, dass er nicht nur Gutes tut, sondern auch seine eigenen Ansprüche verfehlt. Vor Verfehlungen und Unbarmherzigkeiten ist auch ein getaufter Christ / eine getaufte Christin nicht geschützt, egal wie hoch die eigenen Ansprüche gesetzt sind.
Im Katechismus und im Gotteslob der Katholischen Kirche gibt es zwar Hilfestellungen, die aber oftmals eher „abschrecken“, als dass sie wirklich weiterhelfen, und sie orientieren sich wie in der Vergangenheit üblich an den zehn Geboten, was grundsätzlich nicht verkehrt ist.
Sie alle kennen den Kompass, als ein Instrument der Richtungsweisung. Er kann uns Hilfe sein, bei der Betrachtung der vier Dimensionen menschlicher Schuld.
Die Kompassnadel orientiert sich bekanntlich immer nach Norden.
Das nenne ich einmal die erste Dimension und bezeichne dies als die Ausrichtung nach GOTT. Alles in meinem Leben steht in einer Beziehung zu dem Dreifaltigen, dem Schöpfer (Gott Vater & Mutter), dem Erlöser (Jesus, dem Christus) und dem Beistand (Heiliger Geist).
Dem Norden gegenüber liegt bekanntlich der Süden. Dies bezeichne ich als die zweite Dimension, die Dimension des „ICH“.
Das „ICH“ als Gegenüber Gottes in seiner Wirklichkeit des Geschaffenen, - geschaffen zu sein -, aber auch in seiner Gottebenbildlichkeit (Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde).
In der Ausrichtung nach Norden liegt rechts der Osten. Dies bezeichne ich als die dritte Dimension, die Dimension des Mitmenschen. Der Mitmensch ist ebenfalls von Gott geschaffen und sein Ebenbild, ob mir das gefällt oder nicht. das ich geht nicht ohne das du. Mit ihm stehe ich mehr oder weniger in Beziehung und damit auch indirekt wiederum mit seinem und meinem Schöpfer, in Koexistenz.
In der Orientierung nach der linken Seite bleibt dann noch der Westen.
Ihn bezeichne ich als die vierte Dimension, die Dimension der Schöpfung allgemein, also alles Geschaffenen (Natur und Umwelt). Sie ist uns Menschen anvertraut, in ihr zu leben, aber auch für sie zu sorgen und für die nachfolgenden Generationen zu schützen.
Als Mensch, der mit Vernunft und Emotionen ausgestattet ist, gehört es zu meiner Verantwortung, mein Leben regelmäßig zu reflektieren. In der Reflektion meiner Person, der Reflektion meines Seins, meines Handelns, meines Redens, und meines Denkens werde ich feststellen, dass „nicht alles Gold ist, was glänzt“, auch wenn ich es gerne so hätte. Nicht zuletzt bin und bleibe ich auch der / die Einzige, der / die sich selbst kennt, wenngleich ich auch immer anteilig „Geheimnisvolles“ in mir trage, welches allein meinem Schöpfer zu wissen zu eigen ist. Wenn ich in meinem Leben, meinem Glauben und meinem Handeln authentisch sein will, muss ich mir dies - als Werk meines Schöpfers - bewusst machen. Ich sehe meine Unvollkommenheit und Erlösungsbedürftigkeit; Gott löst mich aus meinen „Bedürfnissen“ und meinem „Gefangensein“ in mir selbst. In dieser Unvollkommenheit darf ich mich von Gott zur Vollkommenheit führen lassen, auch schon in dieser Welt und Zeit.
Sich seine „Erlösungsbedürftigkeit“ einzugestehen, kostet Überwindung. Es fällt uns als Menschen immer wieder schwer, zu unseren Fehlern zu stehen und mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen zu leben. (Nichts, was ich sage oder tue, ja sogar denke, bleibt ohne Folgen) Das zeigt uns auch die jüngere Kirchengeschichte im Blick auf die Missbrauchsfälle. Es ist uns Menschen vom Wesen her eine Charaktereigenschaft, dass wir lieber „vertuschen“, lieber „unter den Teppich“ kehren und nach außen hin lieber mit einer „weißen Weste“ dastehen, als Schuld zu bekennen und die Konsequenzen zu tragen. Die Folgen, so sehen und erleben wir, sind fatal. Was ich mir aber einmal eingestanden habe, wessen ich mir bewusst bin, ja, was ich auch ausgesprochen habe, das kann ich nicht mehr rückgängig machen. Wenn ich etwas ausgesprochen habe, muss ich mit den Folgen leben, denn ganz gleich, was ich tue oder sage, es hat immer Konsequenzen. Eigene Schuld, eigenes Versagen einzugestehen, das hat mit Busse zu tun. Büßen ist das Eingestehen, das Bekennen und das Benennen, das Aussprechen meines sich gegen Gott Stellens. Das aber kostet Überwindung und Kraft, zeugt aber letztlich auch von Stärke und Gabe des Heiligen Geistes.
Überwindung bringt Befreiung und Dankbarkeit. Nach einer Beichte brauche ich nicht mehr zu Büßen. Aus der „Vergebung durch Gott“ gehe ich als Beschenkte / Beschenkter heraus, also logischer Weise, wofür sollte ich dann büßen. Ich kann mich aber bei Gott für den geschenkten Neuanfang, für die Vergebung bedanken, mit einem Gebet oder einem Werk der Barmherzigkeit. Wo es möglich ist, muss ich versuchen, den zugefügten Schaden „wieder gut zu machen“, wenn dies überhaupt möglich ist: Die Dankbarkeit gegenüber Gott lässt mich befreit, frei und neu, versöhnt (versühnt) in dieser Welt sein.
Ich möchte Ihnen das an einem lapidaren Beispiel aufzeigen: Ich habe mit einem Mitmenschen Streit; wir haben uns gegenseitig verletzt. Ich kann einen Brief oder eine Mail schreiben, um mich zu entschuldigen. Möglicherweise bekomme ich keine Antwort. Entweder sind meine Zeilen nicht angekommen, oder das Gegenüber möchte mir nicht antworten. Ich muss mit dieser Situation weiterleben. Ich kann das Gegenüber anrufen, erreiche aber Niemanden; entweder ist besetzt oder der Anruf wird nicht entgegengenommen, gleiches Ergebnis. Nur im persönlichen Gespräch erfahre ich, ob das Gegenüber mir verzeiht und die Beziehung wieder eine Chance hat. So sehe ich das Versöhnungsgespräch mit Gott. Er sagt mir durch den Priester, der an das Beichtgeheimnis gebunden ist, die Vergebung zu. Hier bekomme ich auf den Kopf zugesagt, dass Gott neu mit mir anfängt und mir Frieden schenkt.
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, das Sakrament der Versöhnung in sine Glaubens- und Lebensweise mit hineinzunehmen, denn es befreit und schenkt immer wieder einen Neuanfang. Manch einer und eine mag nun einwenden: „ich falle aber doch sowieso immer wieder in die gleichen Strickmuster zurück und es ändert sich Nichts.“ Da sage ich Ihnen Klipp und klar: „NEIN“, das ist nicht so. Die Sünde, die Schuld, das Versagen an sich mag ähnlich sein, aber die Umstände der Zeit und der Situation sind keinesfalls dieselben. Als Menschen leben wir immer wieder nur in der Gegenwart. Die Vergangenheit lässt uns erinnern und vielleicht sogar lernen. Die Zukunft gestalten wir aber immer im Moment der Gegenwart. Und so verändert sich die Zukunft in dem Maße, wie ich das Hier und Jetzt gestalte. Die Zukunft ist also in der Entscheidung der Gegenwart begründet und somit ein Neuanfang, der mir geschenkt ist. Dieser Neubeginn verändert auch die Zukunft zu mehr Leben und zu mehr Gutem. Richten wir immer wieder neu unser Leben aus nach Gott und in der Beziehung zu allem, was uns umgibt. VERSÖHNUNG lohnt sich immer.
„Gott, der allmächtige Vater hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden.
Durch den Dienst seiner Kirche schenke er Verzeihung und Frieden. Amen“ „Der Friede des Herrn sei mit Dir“. Amen.